Normung von Aluminium Knetlegierungen
Wer mit Aluminium arbeitet, kennt die Herausforderung: Die Vielzahl an Normen und Bezeichnungen für Halbzeuge wie Walz- und Gussplatten kann verwirrend sein.
Dieser Artikel gibt Ihnen einen klaren Überblick über die wichtigsten Standards und ihre praktische Bedeutung.
Unterscheidung von Aluminium Legierungen
In der Praxis müssen wir im Wesentlichen zwei Aluminium Grundtypen unterscheiden:
Aluminium Gusslegierungen
Vor jeder dieser Legierung ist ein „AC“ (Aluminium Cast) zu finden, z.B. EN AC-51200 (EN AC AlMg9). EN steht hierbei für „Europäische Norm“, außerhalb Europas findet sich meistens nur das Kürzel „AC“. Bei dieser Grundtype steht das Formfüllungsvermögen im Vordergrund. Aus dieser Type werden z.B. Getriebegehäuse gefertigt. Für ein Umformen sind AC-Legierungen nicht geeignet. Auf Aluminium Gusslegierungen gehen wir in diesem Beitrag nicht weiter ein.
Aluminium-Knetlegierungen
Hier steht den Legierungen immer ein „AW“ voran (Aluminium Wrought), z.B. EN AW-5754 (EN AW AlMg3). Auch hier steht EN für Europäische Norm. Bei diesen Werkstoffen steht das Umformvermögen des Metalls im Vordergrund, also Walzen, Schmieden, Pressen. Zur Herstellung von Aluminium-Gussteilen eignen sich diese Legierungen nicht. Wir gehen in diesem Beitrag ausschließlich auf Aluminium-Knetlegierungen ein.
Die Aluminium-Knetlegierungen werden wiederum in mehreren Varianten hergestellt: Walzplatten, „Gussplatten“, Rund- und Flachstangen sowie Profile.
Aluminium Gussplatten
Der Begriff „Aluminium Gussplatten“ ist irreführend und im Grunde nicht korrekt. Alle am Markt angebotenen Aluminium-Gussplatten bestehen ausschließlich aus Aluminium Knetlegierungen. Das Ausgangsmaterial für Aluminium Gussplatten ist identisch mit dem von Aluminium Walzplatten und wird als „Walzbarren“ bezeichnet (auch als Block, Blöcke, Barren oder Brammen bezeichnet).
Das größte Problem von Aluminium Gusslegierungen –die Porosität- ist bei Aluminium Knetlegierungen kaum vorhanden und wenn doch, so nur in Form von Mikroporosität.
Normung und Bezeichnung von Aluminium Legierungen
Die aktuelle Normung von Aluminium Legierungen geht auf die US-Bezeichnungen gemäß der Aluminium Association (AA) zurück und wurde von allen führenden Industrienationen übernommen (Ausnahme: Russland = Normung nach GOST). Die Legierungen werden in einem numerischen System in Reihen (auch als Serien oder Gruppen bezeichnet) geordnet, welche sich auf die Hauptlegierungsbestandteile beziehen. Die technisch wichtigen Legierungsreihen sind im Fettdruck abgebildet.
Europa hat das numerische Darstellungssystem Mitte der 1990er-Jahre übernommen und zusätzlich durch ein alphanumerisches System ergänzt, welches sich an die alten Bezeichnungen der DIN 1725-1 anlehnt. Die Bezeichnungen nach DIN 1725-1 sind, wie alle anderen nationalen Normen/Bezeichnungen auch, mit Einführung des numerischen und des (neuen) europäischen alphanumerischen Systems ungültig geworden. Dies gilt auch für die nach wie vor weit verbreiteten Werkstoffnummern für Aluminium (siehe Tabelle unten).
Hinweis:
Für Erzeugnisse u.a. aus Stahl gelten die Werkstoffnummern immer noch.
Das alphanumerische System findet nur in Europa Anwendung und wird in nordamerikanischen und asiatischen Staaten oftmals nicht verstanden.
In Europa sind also zwei korrekte Bezeichnungen für ein und dieselbe Al-Legierung bzw. das Halbzeug zulässig, z.B.:
die Walzplatte EN AW-5083 ist somit identisch mit der Walzplatte EN AW AlMg4,5Mn0,7
Eine Besonderheit stellt die Reihe EN AW 7xxx dar. Sie muss in zwei Gruppen unterteilt werden, die signifikante Unterschiede in den Eigenschaften aufweisen. Unterschieden wird zwischen der AlZnMg-Gruppe (z.B. EN AW-7019, 7020, 7021) und der AlZnMgCu-Gruppe (z.B. EN AW 7010, 7022, 7050, 7075).
Chemische Zusammensetzung von Aluminium Legierungen
Die chemischen Zusammensetzungen von Aluminium Legierungen sind in der Norm DIN EN 573-3:2009 verbindlich geregelt. Die Anteile der Elemente werden in % der Masse mit den jeweils zulässigen Unter- und Obergrenzen bzw. des max. zulässigen Anteils angegeben, die Differenz zur Gesamtmasse einer Legierung (Rest) ist der Anteil an Aluminium. Aufgeführt sind stets die für die jeweilige Legierung wichtigen Elemente. Einzelne andere Beimengungen dürfen den unter dem Begriff „Einzeln“ aufgeführten %tualen Anteil und in der Summe aller anderen Beimengungen den Wert „Insgesamt“ nicht überschreiten.
Bemerkung
Die gemäß der Norm DIN EN 573-3 zulässigen Min./Max.-Anteile können bei den erzeugten Produkten bei unterschiedlichen Gießchargen zwangsläufig zu massiven Schwankungen in Qualität, Festigkeiten und technologischen Eigenschaften führen. Um eine möglichst große Reproduzierbarkeit der kundenseitig hergestellten Endprodukte/Bauteile zu gewährleisten, werden von GLEICH bei G.AL – Produkten die Min./Max-Anteile der Legierungsbestandteile durch die GLEICH-Werksnorm massiv eingeschränkt. Hierdurch ist die größtmögliche Produktsicherheit gewährleistet und die Gefahr von Fehlfertigen drastisch reduziert.
Beispiele für die chemische Zusammensetzung
Mindestfestigkeiten von Aluminium
Mindestfesigkeiten von umgeformten Aluminium Halbzeugen
Für umgeformte (gewalzte, geschmiedete, gepresste, gezogene) Halbzeuge sind Mindestfestigkeiten in den Normen
- DIN EN 485-2, Bänder, Bleche und Platten, Mechanische Eigenschaften,
- DIN EN 754-2, Gezogene Stangen und Rohre, Mechanische Eigenschaften,
- DIN EN 755-2, Stranggepresste Stangen, Rohre und Profile, Mechanische Eigenschaften,
in Abhängigkeit des Werkstoffzustandes und der Dicke/bzw. Querschnitt/bzw. Durchmesser verbindlich festgelegt.
Die Lage der Prüfkörper zur Ermittlung der tatsächlichen Festigkeitskennwerte des jeweiligen Halbzeuges ist ebenfalls normativ vorgeschrieben.
Hinweis:
Die tatsächlichen Festigkeiten bei umgeformten Al-Halbzeugen liegen immer ca. 5 – 10% über den geforderten Mindestfestigkeiten.
Mindestfesigkeiten von Aluminium-Gussplatten
Aluminium Gussplatten, egal von welchem Hersteller, unterliegen lediglich in ihrer chemischen Zusammensetzung einer Norm (sofern es sich um eine genormte Legierung gemäß AA oder EN 573-3 handelt).Für die Mindestfestigkeiten von Aluminium Gussplatten gibt es keine Norm, somit gibt es diesbezüglich keine zugesicherten Eigenschaften (auf Prospektangaben kann sich rechtlich nicht bezogen werden, da der Tatbestand des Prospektbetruges Anfang der 2000er-Jahre abgeschafft wurde).
Da es keine normativ verbindlichen Mindestfestigkeiten gibt, muss, im Gegensatz zu Herstellern umgeformter Halbzeuge, kein Aluminium Gussplatten-Hersteller entsprechende Werkstoffprüfungen und die damit verbundenen Dokumentationen (z.B. Abnahmeprüfzeugnis 3.1 incl. mechanischer Festigkeitskennwerte) vornehmen.
Hierdurch ist bei Verwendung von Al-Gussplatten immer eine Grund-Unsicherheit bezüglich der Belastungsfähigkeit eines Bauteils gegeben.
GLEICH Aluminium ist weltweit der einzige Hersteller von Aluminium Gussplatten, der systematische Werkstoffprüfungen aller Chargen vornehmen lässt und so in der Lage ist, für alle G.AL®-Produkte Abnahmeprüfzeugnisse 3.1 incl. der mechanischen Eigenschaften zu liefern. Diese Prüfungen gewährleisten dem Kunden das höchste Maß an Wirtschaftlichkeit und Produktsicherheit auch über lange Fertigungszeiträume.
Hinweis
Bei Aluminium Gussplatten werden üblicher Weise die Festigkeiten als „typische Werte“ bezeichnet. Für GLEICH Aluminium Produkte bedeutet dies, dass bei mehr als 75% aller entnommenen Zugproben sich die Werte innerhalb der Prospektwerte bewegen. Ausreißer nach oben und unten sind jedoch möglich.
Toleranzen von Aluminium-Walz- und Gussplatten
Dickentoleranz von Aluminium Walzplatten
ist in der Norm
- DIN EN 485-3, Bänder, Bleche und Platten, Grenzabmaße und Formtoleranzen für warmgewalzte Erzeugnisse
in Abhängigkeit der Dicke und Plattenbreite verbindlich geregelt. Die üblicher Weise verwendeten Großformatplatten sind hier rot gerahmt.
Dickentoleranz von Aluminium Gussplatten
Die Dickentoleranz von Aluminium Gussplatten unterliegt, wie auch die Festigkeiten, keiner Norm. In Abhängigkeit von der Erscheinungsform der Gussplatte, Roh-/Formenbau- oder Präzisionsgussplatte, legt jeder Gussplatten-Hersteller seine eigenen Güte-Maßstäbe fest.
GLEICH Aluminium hat für G.AL®-Produkte folgende Dickentoleranzen vorgeschrieben:
- Präzisionsgussplatten, = +/- 0,1 mm
- Formenbau-/Rohgussplatten, Dicke ≤150 mm = -0/+2,5 mm
- Formenbau-/Rohgussplatten, Dicke >150 mm = -0/+5 mm
Die Dickenmessung von G.AL®-Präzisionsgussplatten erfolgt im automatisierten Betrieb incl. elektronischer Datenerfassung und Auswertung.
Ebenheitstoleranz von Aluminium Walzplatten
Die Ebenheitstoleranz von Al-Walzplatten ist in der Norm
- DIN EN 485-3, Bänder, Bleche und Platten, Grenzabmaße und Formtoleranzen für warmgewalzte Erzeugnisse
in Abhängigkeit der Plattendicke, Plattenbreite und -länge verbindlich geregelt. Die „Gesamtabweichung auf Länge“ bezieht sich immer in Walzrichtung der Platte, „Gesamtabweichung auf Breite“ somit immer quer zur Walzrichtung.
Die Abweichungen gelten grundsätzlich immer nur für ganze Platten. Für kundenspezifische Zuschnitte gibt es keine Gewährleistung auf die Ebenheit, Regressansprüche bzgl. der Ebenheit von Zuschnitten aus Aluminium Walzplatten sind somit nicht zulässig.
Walzplatte 30 x 1.520 x 3.020 mm, zulässige Ebenheitsabweichung in
Plattenlänge = 3.020 mm x 0,2% = 6,04 mm
Plattenbreite = 1.520 mm x 0,4/ = 6,08 mm
Ebenheitstoleranz von Aluminium Gussplatten
Die Ebenheitstoleranz von Aluminium Gussplatten unterliegt, wie auch die Festigkeiten und die Dickentoleranz, keiner Norm. In Abhängigkeit von der Erscheinungsform der Gussplatte, Roh-/Formenbau- oder Präzisionsgussplatte, legt jeder Gussplatten Hersteller seine eigenen Güte-Maßstäbe fest.
Bei GLEICH Aluminium wird die Ebenheit von G.AL®-Präzisionsgussplatten manuell mit einem Ebenheits-Messlineal an neun Messpunkten in mm/m ermittelt und automatisch elektronisch erfasst und ausgewertet.
GLEICH Aluminium hat für G.AL®-Produkte folgende Ebenheitstoleranzen vorgeschrieben:
Ebenheitstoleranz Präzisionsgussplatte G.AL® C250, Breite ≤1.570 mm, bei Dicke:
- 5 mm: 0,80 mm/m
- 6-12,7 mm: 0,40 mm/m
- >12,7 mm: 0,13 mm/m
Ebenheitstoleranz Präzisionsgussplatte G.AL® C250, Breite >1.570 mm, bei Dicke:
- <10 mm: keine Gewährleistung
Ebenheitstoleranz G.AL® C330 bei Dicke:
- <10 mm: keine Gewährleistung
- 10-15 mm: 0,40 mm/m
- >15 mm: 0,25 mm/m
Ebenheitstoleranz Präzisionswalzplatte G.AL® 7075 GF bei Dicke:
- <12 mm: keine Gewährleistung
- 12-15 mm: 0,50 mm/m
- >15 mm: 0,25 mm/m
Für allseitig gesägte Aluminium Roh-/Formenbaugussplatten werden keine Ebenheitstoleranzen festgelegt.
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